Antrag "Verkehr" zum Planungs-, Bau- und Umweltausschuss

Veröffentlicht am 01.06.2022 in Kommunalpolitik

Liebe Leser,

wir nehmen Bezug auf die heutige Berichterstattung in den Lübecker Nachrichten.

Hier finden Sie den Antrag zur Sitzung des Planungs-, Bau- und Umweltausschuss am 23.05.2022, den wir im Endeffekt zurückgezogen hatten, weil in der Kürze der Zeit eine ausführliche Diskussion nicht möglich war und unserer Auffassung nach noch Vorgespräche vor der weiteren Behandlung in den Gremien erforderlich sind. Von daher haben wir ihn auch noch nicht für die kommende Stadtvertretung gestellt. Viel Spaß beim Lesen. Wir freuen uns über Reaktionen, die Sie uns gerne an fraktion@spd-ratzeburg senden können.

Uwe Martens

Fraktionsvorsitzender

 

Verkehrsplanungen im Stadtgebiet - konzeptionelles Vorgehen;

Antrag zur Sitzung des Planungs-, Bau- und Umweltausschusses am 23.05.22

 

Präambel

Die aktuelle Verkehrspolitik erfährt richtigerweise gerade einen Paradigma Wechsel; weg vom „schnell von A nach B kommen“ hin zu „die Aufenthaltsqualität in den Städten erhöhen“.

Dieser Wechsel muss seine Umsetzung in der Verkehrsplanung der Stadt Ratzeburg  wiederfinden.

Die Erhöhung der Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer und der Aufenthaltsqualität auf Straßen und Plätzen sowie die Senkung der Lärm- und Luftbelastung stehen dabei im Mittelpunkt!

(Und zwar völlig unabhängig davon, ob oder wann in naher Zukunft eine große Ortsumfahrung gebaut wird oder nicht.)

Um die Lebensqualität ihrer Bürgerinnen und Bürger deutlich zu verbessern und zeitgleich klimafreundlichere Verkehrslösungen zu schaffen, ergreift die Stadt Maßnahmen in folgenden Bereichen:

1. Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung
2. Maßnahmen zur Verbesserung der Parksituation in der Stadt
3. Maßnahmen zur Verbesserung der gewerblichen Infrastruktur
4. Maßnahmen zur Stärkung der E-Mobilität
5. Maßnahmen zur Förderung des Fahrradverkehrs
6. Maßnahmen zur besseren Nutzung des ÖPNV

 

Dieses vorausgeschickt, beantragt die SPD Fraktion, dass der Planungs-, Bau und Umweltausschuss beschließen möge:

Der Planungs-, Bau- und Umweltausschuss empfiehlt der Stadtvertretung, folgenden Grundsatzbeschluss zu fassen:

Folgende verkehrlichen Maßnahmen sollen möglichst zeitnah umgesetzt werden:

1. Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung

1.1      Einführung von „Tempo 30“ im Sinne der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten - eine neue kommunale Initiative für stadtverträglicheren Verkehr“ - im gesamten Stadtgebiet, außer auf ausgewählten Durchgangsstraßen. Hiervon ausgenommen ist die bisherige Regelung von „Tempo 20“ im Bereich des Marktplatzes und der Verlauf der B 208 auf der Stadtinsel (von Ost ab Brücke Seestraße bzw. von West ab Brücke      Schwanenteich), wo künftig ebenfalls Tempo 30 gelten soll.

1.2      Aufhebung der bisherigen Vorfahrtsregelungen zu Gunsten         der Regel „rechts vor links“ wo immer es möglich ist.

1.3      Durchfahrtverbot für LKW-Verkehr; ersatzweise Nachtfahrverbot für alle LKW im Bereich der Bundesstraße B 208 und der Landes- bzw. Kreisstraßen aus Richtung Schönberg/Mecklenburg und in Richtung Mölln.

1.4      Prüfung und ggf. Aufhebung von Verbindungsfunktion von ausgewählten Straßen, zum  Beispiel im Bereich Albert-Schweizer-Straße, Ziethener Straße und Tannenweg.

1.5      Ausbau von Straßen in geschlossenen Wohngebieten als verkehrsberuhigt, höhengleich und, wenn irgend möglich, als Spielstraßen bei Neubau, Ausbau und größeren Instandsetzungsmaßnahmen.

2. Maßnahmen zur Verbesserung der Parksituation auf der Insel

2.1      Schaffung ganztägig nutzbarer Parkplätze an den Stadteingängen zur Nutzung als P+R-Parkplätze, etwa im Bereich des sogenannten Bahnhofsschlages und im neu zu überplanenden Bereich der jetzigen Standorte der VSG und RMVB in der Schweriner Straße.

2.2      Einrichtung eines Pendelbusverkehrs aus Richtung der neu einzurichtenden P+R-Parkplätze durch die Innenstadt.

2.3      Einführung eines preislich attraktiven P+R-Tickets (Kombi Parken/Busticket).

2.4      Rückbau der Parkplätze auf der Ostseite des Markplatzes und weitere Maßnahmen zur Belebung des Platzes.

3. Maßnahmen zur besseren Nutzung öffentlicher Flächen

Möglichst großzügige Auslegung und kostengünstige Angebote für die Sondernutzungsmöglichkeiten von Gehwegen und Parkflächen, aber auch anderen öffentlichen Flächen, in Bezug auf gewerbliche und veranstalterische Nutzungen auf der Insel, zum Beispiel durch den Beschluss einer entsprechenden Satzung.

4. Maßnahmen zur Stärkung der E-Mobilität

Wesentliche Vermehrung der öffentlichen E-Lade-Kapazitäten im Stadtgebiet, vor allem im Hinblick auf Schnelllademöglichkeiten, in Zusammenarbeit mit der VSG/den Stadtwerken.

5. Maßnahmen zur Förderung des Fahrradverkehrs        

Weiterentwicklung der Fahrradinfrastruktur; zunächst durch eine baulich deutliche Aufwertung der vorhandenen Wege und der Einrichtung von Reparaturstationen.

6. Maßnahmen zur besseren Nutzung des ÖPNV

6.1 Verbesserung der Bahnhofsanbindung außerhalb der Kernzeiten (z. B durch Erweiterung des Fahrplans, Abrufbusse oder Anrufsammeltaxis).

6.2 Kostenfreie Nutzung des stadtinternen ÖPNV für KiTa-Kinder, Schülerinnen und Schüler, Auszubildende sowie Studentinnen und Studenten.

Die Verwaltung wird beauftragt, die im Rahmen der Umsetzbarkeit dieses Beschlusses notwendigen Schritte sowie die entsprechenden Zuständigkeiten zu prüfen. Darüber hinaus soll sie mit den Ratzeburg Möllner Verkehrsbetrieben besprechen, wie die ÖPNV-Fahrpläne umzusetzen sowie die Preise und öffentlichen Zuschüsse zu gestalten wären.

Begründung:

Zu 1.:

Das Straßennetz der Stadt ist überkommen mit einer Überbetonung der Fahrfunktion und möglichst schneller Verbindung von A nach B. Der dafür probate Straßenquerschnitt beschränkt sich auf durch Hochborde abgegrenzte Fahrbahn und in der Regel beidseitige Gehwege. Das Prinzip befördert einen „Tunnelblick“, vermittelt und festigt ein Vorfahrtsgefühl zu Lasten der gegenseitigen Rücksichtnahme im Verkehr. Es gibt keinen Grund z.B. in einer reinen Wohnstraße ohne ortsverbindende Funktion diese starre Struktur beizubehalten. Die „Kanalisierung“ beschleunigt das Fortkommen und vermeidet Kontakte. Kommunikation beschränkt sich, wenn es gut läuft, auf ein kurzes Winken. Sie ergibt sich nicht, sondern muss geradezu gesucht und gepflegt werden; baulich wird sie geradezu unterbunden. Kinder lernen, nicht auf der Straße zu spielen, alte Leute fühlen sich vom Fahrverkehr erschreckt. Der Straßenraum erfüllt in vielen Bereichen kaum noch eine soziale Funktion.

Es ist an der Zeit, die Aufenthaltsqualität nachhaltig zu stärken!

Nun wird es natürlich etwas dauern bis die Anliegerstraßen auch zu „echten“ Wohnstraßen werden. Ein erster Schritt wird durch die Beschränkung der Geschwindigkeit des Fahrverkehrs auf 30 km/h getan. Auch auf innerörtlichen Verbindungsstraßen ein notwendiger Schritt zu mehr Rücksichtnahme von Seiten des Fahrverkehrs auf Fußgänger und Anwohner. Damit einhergehen dürfte eine weitere Verringerung der Unfallzahlen und eine Verringerung der Schwere der Verletzungen. Darüber hinaus ist nach einer dreijährigen Berliner Studie zu erwarten, dass sich die Umweltbelastung durch Feinstaub um ca. 1/5 und die durch Stickoxide sogar um ca. 1/3 reduzieren wird, so lange die Motorisierung noch nicht vollständig elektrifiziert ist. Die bisher geltende Regelgeschwindigkeit von 50 km/h wird in vielen Bereichen noch überschritten. Schon eine Reduktion von 50 auf 30 km/h verringert die Lärmbelastung um ca. 3 Dezibel, was in der Wahrnehmung einer akustischen Halbierung des Verkehrs entspricht! Einen entscheidenden Einfluss auf die Verringerung dieser Umwelteinflüsse wird das angestrebte Durchfahrverbot für den überörtlichen LKW-Verkehr haben. Sollte es hier zu keiner Einigung mit der Verkehrsaufsicht kommen können, ist zumindest das Nachtfahrverbot im Hinblick auf eine Verringerung der Belastung der Anwohner auf ein rücksichtsvolles Maß unerlässlich.

Zu 2.:

Die Parksituation in der Innenstadt wird sowohl an Wochentagen wie auch am Wochenende zunehmend schwierig. Der vorhandene Parkraum wird von Langzeitparkenden sowie auf der Insel tätige Menschen und Tagestouristen genutzt. Das ist bisher in einigen Bereichen zulässig, für die Wohnqualität ebenso wie für die Belebung der Innenstadt jedoch nicht zuträglich.

Beide Nutzergruppen blockieren inzwischen über das angemessene Maß hinaus die vorhandenen Plätze für die in der Innenstadt erwünschten Kurzzeit-Parker wie Geschäftskunden, Restaurant- und Behördenbesucher sowie natürlich die Bewohner.

Erheblicher Suchverkehr belastet inzwischen besonders in den Sommermonaten die Aufenthaltsqualität auf der Insel.

Aus unserer Sicht ist es dringend geboten, außerhalb der Innenstadt weiteren Platz für PKW sowie Ersatz für die auf Sicht entfallenden Wohnmobilplätze an der Schwimmhalle (hierzu verweisen wir auf die augenblicklichen Diskussionen im Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Stadtmarketing) anzubieten. Dieses nicht nur vor dem Hintergrund des gut anlaufenden Binnentourismus. Für eine gute Akzeptanz bedarf es einer bedarfsgerechten Bus-Anbindung, wofür die kleinen Busmodelle sicher auskömmlich sein sollten. Denkbar und wünschenswert wären hier mittel- bis langfristig selbstfahrende „Stromer“.

Die am Bahnhof befindlichen Parkplätze sind heute bereits über den Tag gut ausgelastet. Eine Erweiterung des Angebots könnte zum Bespiel auf der Ackerfläche nördlich der B208 zwischen Bahntrasse und B207 geschaffen werden.

In der Vorstadt gibt es bisher keine größeren öffentlichen Parkflächen. Mit dem derzeitigen Stadtwerke- und RMVB-Gelände steht jedoch auf absehbare Zeit eine attraktiv an der B 208 angebundene Fläche in unsensibler Nachbarschaft zur Verfügung. Alternativ oder übergangsweise könnte eine Kooperation mit einem der Discounter an der B208 gesucht werden.

Die Situation auf dem Marktplatz soll, damit er zum einen nicht den reinen Charakter eines Parkplatzes hat bzw. behält und zum anderen Be- und Entlademöglichkeiten für den Lieferverkehr vorgehalten werden, so eingerichtet werden, wie sie bereits vor vielen Jahren mit großer Mehrheit in der Stadtvertretung beschlossen wurde. Darüber hinaus muss der Platz selbst durch weitere Maßnahmen attraktiver gestaltet werden. In diesem Zusammenhang soll die bessere (Aus-) Nutzung der unter 3. benannten Flächen ebenfalls zu einer Steigerung der Attraktivität und Belebung der Innenstadt beitragen.

Zu 3.:

Die Straßen, Gehwege und weitere öffentliche Flächen gewinnen ihre Funktion als multifunktionale Orte zurück. Gleichzeitig wird somit der Verödung der Insel entgegengewirkt.

Zu 4.:

Der zunehmende e-mobile Verkehr erfordert den stetigen Ausbau der Ladekapazitäten im Stadtgebiet, möglichst schneller und besser als der der Mitbewerber im touristischen Bereich.

Zu 5.:

Die Entwicklung der Fahrradinfrastruktur ist bereits seit langem im Blick der Stadt. Aus guten Gründen gehört sie an dieser Stelle erwähnt; spielt sie doch perspektivisch eine immer größer werdende Rolle.

Zu 6.:

Zu guter Letzt ist es uns wichtig, den ÖPNV, zunächst einmal für junge Menschen, perspektivisch allerdings dann für die älteren und im Endeffekt für alle, möglichst kostenlos anzubieten. Für die Jüngsten ist uns die Umsetzung vorerst am Bedeutsamsten.

gez. Uwe Martens               gez. Klaus-Peter Roggon              gez. Carsten Ramm

(Fraktionsvorsitzender)      (Ausschussmitglied)                      (Ausschussmitglied)

 

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